Leon, Levin und Luca (von links): Die Welt auf zwölf Quadratmetern

Wir drei und ein Esel

Levin Krassel, Leon Krassel und Luca ­Schütten sind seit zehn Jahren als Sparkling unterwegs. Eine Zwischenbilanz

Ihr seid als minimalistisches Post-Punk-Trio gestartet, auf eurem aktuellen Album »We Are Here To Make You Feel« geht es poppig-elektronisch, bisweilen sogar ein wenig cheezy zu. Wie kam es dazu?

Levin: Das ist ja schrittweise in diese Richtung gegangen. Bei der ersten EP war es noch strikt Gitarre, Bass, Schlagzeug,  zum erstem Album wurden immer mehr Synthies mit reingebracht, mehr Melodien, bei der nächsten EP dann noch mehr. Der Kern eines jeden Songs entwickelt sich aber noch immer, wenn wir drei zusammen im Studio oder Proberaum sind und spielen. Dann gucken wir, wie wir die Intention eines Songs so intensivieren, dass wir die Emo­tion, die wir damit ausdrücken ­wollen, verstärken können.

Leon: Wir haben von Anfang an viel in England und Frankreich ­gespielt. Aus der Distanz ist uns dann aufgefallen, wofür Köln ­musikalisch eigentlich steht — Krautrock. Wir wollten das kom­binieren: englischer Postpunk, deutscher Krautrock, französischer Elektro. So hat sich das ­weiterentwickelt.

Ihr seid einer der wenigen Kölner Indie-Acts, die es geschafft haben, sich einen internationalen Markt zu erschließen. Wie ist da euer Fazit nach zehn Jahren?

Levin: Wir haben auf jeden Fall das erreicht, was wir wollten. Wir wollten mit unserer Musik überall hin, wir wollten reisen, auf jeden Fall nach England, nach Frankreich, das ist ja eigentlich alles ­super nah. Wir haben dann DIY-Touren in all diesen Ländern gespielt und auf den Erfahrungen aufgebaut. Wir sind viel bei BBC 6 gespielt worden, mit einem Song sogar auf Rotation gekommen, hatten eine Live-Session bei BBC 1 und haben sehr gute Resonanz ­bekommen, diese Sender werden ja weltweit gehört. Das hat uns eine totale Bestätigung gegeben.

Wie reagieren die Menschen in England auf eine englisch singende Band aus Deutschland? Levin: Das passiert viel mehr in a.

Leon: Man hat eher so einen Exotenstatus als deutsche Band, was für die Leute aber spannend ist.
Luca: Es gibt in London total viele Bands, die etwa aus Spanien oder Italien hergezogen sind, und die haben alle ihren Akzent, aber das macht es ja gerade aus, dass man die Einflüsse einarbeitet und heraushört.


Wir haben von Anfang an viel in England und Frankreich gespielt. Aus der Distanz ist uns aufgefallen, wofür Köln musikalisch eigentlich steht — KrautrockLeon Krassel

Gibt es auch einen Snobismus nach dem Motto: Wir wollen uns nicht von Fremdsprachlern unsere eigene Musikkultur erklären lassen?

Luca: Bei uns ist das sehr gefiltert, die Leute die zu unseren Konzerten kommen, denken anders. Wir ­sehen natürlich nicht, was die ­Leute denken, wenn unsere Songs im ­Radio gespielt werden ...

Wenn man über einen so langen Zeitraum so eng zu dritt zusammen ist, wie fühlt sich das an?

Luca: In London haben wir damals zu dritt in einem 12-Quadratmeter-Zimmer gewohnt, das hat uns zusammengeschweißt. Für das neue Album haben wir an unterschiedlichen Orten unser Mini-Studio ­aufgebaut, zum Beispiel waren wir eine Woche in Belgien in einem ehemaligen Bahnhof, an einem Ort, wo nichts war. Wir drei und ein Esel. Da wird dann zusammen gefrühstückt, einer kocht Mittagessen. Die Zusammenarbeit ist so intensiv geblieben, wie sie früher war.
Leon: Wir sehen uns immer noch vier- bis fünfmal die Woche, das hat nie aufgehört.

Zum Abschluss noch ein Low- und ein Highlight aus eurer Karriere?

Levin: Größter Abfuck: Corona.
Wir waren für das »South by Southwest«-Festival in Texas gebucht, einen Tag vor unserem Flug hat ­Donald Trump gesagt, dass man gar nicht mehr ins Land einreisen darf als Europäer, dann wurde die UK-Tour abgesagt, Festivals, es war eigentlich ein halbes Jahr durch­geplant mit Shows, das war von ­einem Tag auf den anderen weg.
Leon: Wir haben endlich unser erstes Album gemacht, man freut sich da so lange drauf, und dann wird alles, was man so lange geplant hat, abgesagt.
Levin: Da mussten wir erst wieder rauskommen. Gut, dass wir zu dritt sind.
Luca: Das letzte Konzert in Köln war ein krankes Highlight, das ­Album war erst eine Woche ­draußen, trotzdem haben alle die neuen Songs mitgesungen, das war ein super krasses Gefühl, fast schon zu emotional.

Aktuelles Album: Sparkling, »We Are Here To Make You Feel« (Moshi Moshi)