Probiers mal mit Gemütlichkeit: »Surviving Men«, Foto: Benjamin Visinand

Wider die toxischen ­Helden

Was bedeutet es, männlich zu sein? »Surviving Men« von Futur3 regt zum Nachdenken an

Wann sind Männer eigentlich so sexistisch, einfältig Sieg-fixiert und gewalttätig geworden? War das schon immer so? Das kann man sich schon mal fragen. Die fiktive Autorin, die im Stück auftritt, hat gerade einen Schreib-Auftrag für zwei cis-männliche Schauspieler erhalten. Ihre irritierten Gedanken tippen zwei schwarze Comic-Hände auf einen von fünf Bildschirmen auf der Bühne — da findet nämlich ein virtuelles Experiment für »neue Formen von Männlichkeit« statt, angeleitet von Computerstimme und Screen-Befehlen.

Und alsbald springen bei der interaktiven, deutsch-französischen Performance von Futur3 und der Schweizer Kompanie  »De Facto« zwei ziemlich analoge Ansichtsexemplare aus der Vergangenheit in die digitale Welt: König Artus (Sandro de Feo) und Gott Thor (Stefan Kraft), gekleidet in alles, was das Klischee hergibt, inklusive Kettenhemd und Fellumhang, Flügelhelm und Goldkrone. Der eine hat das Schwert, der andere den Hammer, erstmal Kräfte messen, fehlkommunizieren und eine Runde prügeln. Was Männer in freier Wildbahn eben so tun — über wahre, eher sozial gelagerte Probleme wird nur am Rande gesprochen. Ihre Männlichkeit beweisen sie mit lustigen bis albernen Online-Games, tatkräftig vom ­Publikum unterstützt, das seine jeweiligen Helden anfeuert —  bei maximal virilen Tätigkeiten: Schatz suchen, Prinzessinnen ­befreien, Drachen töten. Allesamt zum Scheitern verurteilt.

Was bedeutet es, männlich  zu sein? — immer wieder wird die Frage eingeblendet, aber die Antworten reichen nicht aus. Kurz bevor das Ganze völlig aus dem Ruder läuft, schreit die Autorin »Stop« und Texte zu den Ursprüngen toxischer Männlichkeit werden eingeblendet: »In einer patriarchalen Umgebung lernt das Kind, das Macht und Autorität ­dominieren.« Videoschnipsel  aus Social Media prasseln auf  uns ein, denn im Internet ist eine neue Dimension des Frauenhasses entstanden, während die Zahl der Femizide steigt. Und dann ­hören wir gemeinsam mit den ­alten Helden zu sphärischer Musik Worte eines neuen Zeitalters:  Wir brauchen keine Rollen und Vorurteile, um zu existieren,  wir sollen Ängste zulassen und Zärtlichkeit leben. »Surviving Men« ist unterhaltsam, formal-technisch beeindruckend, regt zum Nachdenken an. Letztlich aber wirkt es im Angesicht neu entdeckter Kriegslust, Hass und dem gewaltigen Roll-Back ­gegen den Pazifismus doch zu harmlos.

Orangerie-Theater, 1. & 2.3., 20 Uhr, 3.3., 18 Uhr